Was ist wirklich drin im Trockenfutter?
Ganz oft erzählen mir Rattenhalter total begeistert, was für ein tolles Fertigfutter sie füttern und wenn ich dann weniger begeistert davon bin, verstehen sie nicht, weshalb das so ist.
Denn die Zutatenliste auf den meisten Rattenfuttersorten liest sich natürlich erstmal ganz nett. In der Regel steht nichts drauf, was auf den ersten Blick als ungesund gelten könnte.
Das liegt daran, dass Futtermittelhersteller (genauso wie Lebensmittelhersteller) sich bei einigen Sachen leider etwas schwammig ausdrücken dürfen. Mit Fachbegriffen darf um sich geschmissen werden. Je exotischer die Ausdrücke, desto geringer die Chance, dass die Käufer begreifen, was wirklich drin ist.
Um euch das Ganze etwas einfacher zu machen (denn ich weiß, wie schwierig eine genaue Recherche zu dem Thema sein kann), erkläre ich euch einiges von dem Fachchinesisch auf den Futterpackungen im Folgenden:
Extrudate
Extrudate sind vor allem sehr stärkehaltige, gebackene Futterbestandteile. Meistens sind sie bunt und bestehen aus pflanzlichen Nebenerzeugnissen.
Hergestellt werden sie, weil sie günstig in der Herstellung sind, weil der Mensch ein buntes Futter eher kauft, als ein langweilig eintöniges und weil die Lagerung einfach ist. Denn Extrudate sind nicht leicht verderblich. Aber die Stärke in den Extrudaten ist vorverdaut und leicht aufschließbar, denn die Verdauung herbivorer Tiere (Pflanzenfresser) ist darauf nicht eingestellt. Heißt, die Stärke wird schnell vom Körper aufgenommen, macht dick, hat aber keine Nährwerte. Stattdessen werden Extrudaten neben Farbstoffen auch gerne und reichlich Aromastoffe, Geschmacksverstärker, chemische Zusätze und Zucker hinzugesetzt.
Sie bestehen zwar aus Pflanzenresten (pflanzliche Nebenerzeugnisse), aber die wurden ja zuvor klein gemahlen, so dass die Pflanzen an sich gar keinen Nutzen mehr für die Tiere haben. Die Gefahr des Dickwerdens ist bei der Verfütterung von Extrudaten erheblich groß.
Ein Zahnabrieb findet bei Extrudaten kaum statt, da die Bröckchen in Verbindung mit Speichel super schnell aufquellen. Auch müssen die Tiere gar nichts von Schale befreien, wie es in ihrer Natur liegen würde, wie z.B. bei Sämereien oder ganzen Fruchtständen (Kolbenhirse).
In vielen Extrudaten sind synthetische Zusätze enthalten, die die Kalziumaufnahme begünstigen. Dazu wird reines Kalzium ins Futter gemischt.
Bei regelmäßiger Fütterung können dadurch Schäden in Leber, Nieren und Blase entstehen.
Fazit: Mal hin und wieder Extrudate als Leckerli sind nicht schädlich. Aber sie sollten möglichst nicht im Futter enthalten sein. Denn Extrudate machen zwar schnell satt und werden auch gerne gefressen, aber gesund sind sie auf keinen Fall.
Besonders bei übergewichtigen Tieren sollte man darauf achten, dass sie keine Extrudate mehr erhalten (auch nicht als Leckerli). Das Selbermischen für die Tiere lohnt sich auf jeden Fall.
E 150 bzw. Zucker
E's kennt ihr bestimmt aus der Lebensmittelherstellung. Dahinter verbergen sich ganz unterschiedliche Sachen. Nicht immer sind die auch schädlich.
Das E 150 (a, b, c und d) wird vielen Tierfuttersorten beigemengt (beispielsweise auch dem Katzenfutter Whiskas). Dabei handelt es sich schlicht ausgedrückt um Zucker.
Ich zitiere einfach mal von dieser Seite:
"Einfaches Zuckerkulör ist ein brauner bis schwarzer Farbstoff, der entsteht, wenn man Zucker unter Einwirken von Natronlauge oder starken Säuren erhitzt. Einfaches Zuckerkulör wird unter anderem in Cola, Süßwaren, Bier und Spirituosen aus Getreide, Essig, Frühstücksgetreideprodukten und Malzbrot eingesetzt."
Zucker ist für gesunde Ratten in kleinen Mengen nicht unbedingt schädlich. Aber wenn es tagtäglich im Trockenfutter enthalten ist, sprechen wir von einer großen Menge. Dadurch kann Diabetes entstehen. Die Ratten können krankhaftes Übergewicht bekommen und dadurch Herz-Kreislauf-Erkrankungen erleiden.
Daher sollte darauf geachtet werden, dass kein E 150 a/b/c/d im Futter enthalten ist.
Melasse
Melasse klingt netter als Zucker. Aber es ist im Prinzip dasselbe. Niemand würde ein Rattenfutter kaufen, auf dem explizit "Zucker" draufsteht. Aber bei Melasse wissen viele nicht, was es ist und kaufen es deshalb.
Dabei ist Melasse nichts anderes, als ein Zuckersirup, der als pfanzliches Nebenerzeugnis (siehe oben) in der Zuckerproduktion aus Zuckerrohr, Zuckerrüben und auch aus Zuckerhirse anfällt. Er enthält ca. 60 % Zucker und eignet sich bedingt durch seine dunkelbraune Farbe hervorragend zum Färben von Extrudaten.
Johannisbrot
In fast jeder Fertigfuttermischung ist Johannisbrot enthalten. Viele von euch kennen Johannisbrot und sein Mehl. Es gilt als gesund, weil es sehr viel Eisen, Vitamin A und B enthält.
Bei Ratten ist das anders.
Johannisbrot ist die Frucht bzw. Schote des Johannisbrotbaums. Es enthält 30-40 % Zucker. Der Rest besteht aus Fett, Stärke und Eiweiß. In geringen Mengen kann Johannisbrot ein tolles Leckerli und ein super Energiespender für alte oder kranke Tiere sein.
Aber es sollte definitiv nicht im täglichen Futter enthalten sein.
Nebenerzeugnisse
Es gibt verschiedene Nebenerzeugnisse. Alle haben eins gemeinsam: Es handelt sich dabei um Abfallprodukte, die in der Lebensmittelindustrie nicht verwendet werden können.
Tierische Nebenerzeugnisse: Hierbei werden meist Teile eines geschlachteten Tieres verwendet, die wir Menschen nicht essen (können/wollen), wie z.B. Ohren, Zunge, Augen, Schwänze, Schnäbel, Füße usw.
Pflanzliche Nebenerzeugnisse: Außen steht oft drauf, es sind gesunde Kräuter enthalten, aber meist handelt es sich dabei nur um die Stengel oder Blattreste, sowie ausgekochte Überbleibsel (z.B. Melasse) und Gemüseabfälle, denn der gute Teil der Pflanze wurde für die Lebensmittelherstellung genommen.
Getreidenebenerzeugnisse: Auch hier wird beigemischt, was sonst weggeworfen würde, wie z.B. die Schalen eines Getreidekorns oder Strohhäksel. Auch Pressrückstände aus der Ölherstellung oder der Bierherstellung sind erlaubt.
Einebenerzeugnisse: Hierbei handelt es sich ganz oft hauptsächlich um Eierschale. Diese besteht vor allem aus Kalk. Bedauerlicherweise muss das auf dem Futter nicht drauf stehen, obwohl zu viel Kalk bei Ratten Nierenschäden verursachen kann.
Molkereieerzeugnisse: Milchpulver, Molke usw. Es darf hier sogar Zucker beigemischt werden, der nicht extra deklariert werden muss - nicht mal als ein E!
Alle für sich allein genommen, sind diese Nebenerzeugnisse nicht zwangsläufig gesundheitsschädlich. Aber man muss sich vor Augen führen, dass die Rattis dieses Zeug jeden Tag fressen. Also nicht nur ab und zu, sondern es ist ihr Hauptnahrungsmittel. Will man ihnen da wirklich etwas vorsetzen, von dem man nicht mal genau sagen kann, was es nun ist?
Natriumchlorid
Einige von euch wissen es vielleicht schon: Natriumchlorid ist Kochsalz. Dabei versuchen wir Rattenhalter immer alles, um Salz von unseren Ratten fern zu halten. Wir kochen Kartoffeln und Reis ohne es, um Nieren und Leber unserer Lieblinge zu schonen. Tja, aber einige Futtermittelhersteller fügen es absichtlich hinzu. Bedenkt auch hier: Die Ratten bekommen es jeden Tag!
Fructo-Oligosaccharide
Klingt erstmal sehr exotisch. Dabei handelt es sich stark vereinfacht ausgedrückt, um eine Mischung aus verschiedenen Zuckern (z.B. Glucose, Fructose usw.), der die Darmtätigkeit regelt. Zucker, der gut für die Verdauung ist? Ja, das gibt es wirklich. Die Frage ist: Warum muss sowas beigemischt werden? Es wird oft beigemischt, wenn das Futter aufgrund seiner Zusammensetzung für das Tier schwer verdaulich ist. Das bedeutet, die Hersteller wissen, dass das Futter höchstwahrscheinlich Verstopfung, Bauchweh oder Durchfall auslösen wird und mengen im Vorfeld schon mal was bei, das diese Probleme beiseitigt.
Das Ende vom Lied: Unsere Ratten haben weder Verstopfung, noch Durchfall, aber dafür Diabetes oder Adipositas (mit Folgeerkrankungen).
Ascorbinsäure
Ascorbinsäure ist ein künstlich hergestelltes Vitamin C. Da unsere Rattis aber selbstständig Vitamin C herstellen können und außerdem regelmäßig Frischfutter erhalten, ist eine zusätzliche Gabe von Vitamin C - noch dazu künstliches - nicht notwendig. Normalerweise kann man Vitamin C nicht überdosieren. Aber auch hier muss man bedenken, dass die Ratten - sofern es im Trockenfutter enthalten ist - jeden Tag aufnehmen. Da ist eine chronische Überdosierung ja vorprogrammiert.
Yucca Schidigera
Wie die Yucca-Palme, die bei vielen von euch in der Wohnung steht, gehört auch die Yucca Schidigera zu den Palmlilien (das sind streng genommen Spargelgewächse).
Wie ihr Verwandter, der Spargel, hat auch diese Pflanze viele gute Eigenschaften. So wirkt Yucca Schidigera z.B. auch harntreibend, entzündungshemmend, entgiftend und gegen eine ganze Reihe von Krankheiten, wie z.B. Rheuma. Dieser Zusatz ist also nicht schädlich für die Ratten. Ob er aber unbedingt im täglichen Futter notwendig ist, wollen wir mal dahin gestellt sein lassen.
Antioxidantien/Antioxidationsmittel
Ja, die feinen Antioxidaten kennen wir ja schon aus der TV-Werbung. Auch, wenn nie einer kapiert hat, was das sein soll.
Ein Antioxidans ist eine chemische Verbindung, die eine Schlechtwerden anderer Substanzen (z.B. Fette) gezielt verhindert. In natürlicher Form sind sie enthalten in den Vitaminen C und E. Darüber hinaus werden den Antioxidaten nachgesagt, dass sie den Alterungsprozess verlangsamen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Sie sind also nicht schädlich, sondern eher das Gegenteil.
Lesenswert zum Thema: Quelle: E. Kolb, J. Seehawer (2004): Anwendung der Ascorbinsäure und anderer Antioxidantien bei Hund und Katze. In: Praktischer Tierarzt 85: Ausgabe 4, S. 238-251
Gemüse
Joa, man sollte meinen, wenn "Gemüse" drauf steht, kann daran eigentlich nichts verkehrt sein. Leider ist es aber so, dass - sofern nicht jede Gemüsesorte extra aufgeführt wird - so ziemlich alles an Gemüse enthalten sein kann. Auch Hülsenfrüchte (wie Erbsen oder Bohnen). Einige Hülsenfrüchte sind in gewalzter bzw. gequetschter Form zwar nicht mehr bedenklich, aber an und für sich sollten Nagetiere aufgrund der blähenden Wirkung keine bekommen. Dasselbe gilt für gewisse Kohlsorten, die ebenfalls enthalten sein könnten. Aufgasungen, Darmverschlüsse und Tod können die Folge sein! Wenn also nur "Gemüse", ohne eine Erklärung, um was für Gemüse es sich genau handelt, auf der Verpackung steht, sollte man lieber die Finger davon lassen.
Zuckerrübenschnitzel
Wie der Name schon sagt, fallen diese bei der Verarbeitung von Zuckerrüben an. Je nach Verarbeitung enthalten die Zuckerrübenschnitzel noch zwischen 7 und 20 % Zucker. Darüber hinaus ist es zum Teil sehr schwer verdaulich. Nicht-Wiederkäuer (dazu zählen natürlich auch Nager) können Rübentrockenschnitzel oft nicht gut verdauen und können Blähungen davon bekommen. Da Ratten nicht pupsen können, ist das ganz schlecht - von der Nebenwirkung des Zuckers als solchen mal ganz abgesehen.